Der Kern des Themas: Die Anzahl
der Genossenschaften in Deutschland scheint zu stagnieren, während in anderen
Ländern der EU die Genossenschaften enorm aufwachsen. Vergleichen wir
Deutschland (unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Bevölkerungszahlen)
mit Frankreich oder Italien, dann ist zu konstatieren: Wir sollten ca. 35.000
bzw. sogar 81.000 Genossenschaften in Deutschland haben. Tatsächlich sind es
jedoch nur zwischen 7.700 bzw. 8.000 (!). Einer der Gründe, weshalb der
Zuwachs an Genossenschaften stagniert, ist eine systematische
„Verschmelzungs-welle“. Dabei entsteht ein interessantes Paradoxon: Die „Gralshüter“
des Genossenschaftswesens scheinen sogar aktiver „Motor“ in diesem „Genossenschafts-Verschmelzungs-Monopoly“ zu sein. Deutlich dabei erkennbar:
Das Verbandsinteresse. Das wäre vielleicht
nicht zu kritisieren, wenn dabei nicht originäre Mitgliederinteressen zur Disposition gestellt
würden. Um solche und ähnliche – gewiss unbequeme – Vorhaltungen auszuräumen,
sollten alle Seiten ein virulentes Interesse daran haben, zumindest Klarheit
zu bekommen, dass so etwas verfassungsrechtlich in Ordnung ist. Eine Vertreterversammlung
ist die Ausnahme, das Original ist und bleibt
die Mitgliederversammlung (Generalversammlung). Wie wäre es, wenn alle Seiten
erkennen würden, dass jetzt das Verfassungsgericht Klarheit bringen sollte. Der
Beitrag ist nicht „für“ oder „gegen“ jemand, er dient einzig dazu, die Rechte
der Souveräne in Genossenschaften (die Mitglieder) wieder zur
Geltung zu bringen. Wie wäre es, wenn sich ALLE, die qua Gesetz sich um ein zukunftsfähiges
Genossenschaftswesen in Deutschland bemühen wollen, jetzt einen würden: ·
Gemeinsam Klarheit zu bekommen über die Stellung der Souveräne, die Mitglieder in
den Genossenschaften! Denn: Nur
um die Mitglieder kann es gehen! Wir laden
alle Politiker, Verbandsfunktionäre, Vorstände, Aufsichtsräte und Mitglieder
in Genossenschaften ein - hier und jetzt - mittels Verfassungsbeschwerde Klarheit zu schaffen. Was den
deutschen Genossenschaften jetzt am wenigsten nützen würde ist: ·
Der bittere Nachgeschmack, Genossenschafts-Verbände könnten selbst ein Teil des
Problems sein. Das würde
automatisch die Kräfte stärken, die seit längerem die Frage stellen: ·
Wäre es nicht dringend notwendig, das deutsche Genossenschaftsrecht endlich
an die EU-Standards anzugleichen? … |
Frage (Essenz) |
Ich bin Mitglied einer Genossenschaft, die nunmehr beabsichtigt, mit
einer anderen Genossenschaft zu verschmelzen. Aufgrund dieser beabsichtigten
Verschmelzung, deren Sinn ich und viele andere Mitglieder nicht
erkennen, habe ich – in Abstimmung mit anderen
Mitgliedern – Vorstand und Aufsichtsrat gebeten, die Gründe - aus der Sicht
der Mitglieder - für diese Maßnahme darzulegen. Dies ist jedoch abgelehnt
worden und man verweist auf die Gesetzeslage, wonach die Vertreterversammlung
zu entscheiden hätte. Wir haben jedoch Zweifel, ob die Vertreterversammlung überhaupt befugt
sein kann, faktisch über eine Auflösung unserer Genossenschaft zu
entscheiden. Sicherlich ist es gesetzlich möglich, eine Vertreterversammlung statt
einer Generalversammlung (Mitgliederversammlung) einzurichten. Das Gesetz
sieht aber auch vor, dass jederzeit die Vertreterversammlung wieder in eine
(übliche) Generalversammlung „zurückgewandelt“ werden kann. Zahlreiche Mitglieder
haben Bedenken, ob eine Vertreterversammlung überhaupt hinreichend befugtt
sein kann, komplett die ursprüngliche Genossenschaft sozusagen aufzulösen. … Ich und alle anderen Mitglieder sind in unsere Genossenschaft
eingetreten, weil sie sich mit ihr identifiziert haben. Sie wären sicherlich
kaum Mitglied geworden in einer weitaus größeren Genossenschaft, die unseren
ursprünglichen Interessen kaum mehr entsprechen kann.… Wir haben den Vorstand aufgefordert, zu einer Informationsveranstaltung
einzuladen, was abgelehnt wurde, ebenfalls mit dem Hinweis, die „Vertreter“
wären informiert und das würde ausreichen. Nunmehr ist erkennbar, dass man sogar mit Prozessen droht, wenn
Mitglieder mit Mitgliedern in Kontakt treten wollen. Es werden Maßnahmen der
Einschüchterung eingesetzt. Sogar der Datenschutz wird funktionalisiert. Das
sind alles Maßnahmen, die einer Genossenschaft unwürdig sind und man
argumentiert mit „Datenschutz“. Er dient aber nicht dem Schutz der Mitglieder
und soll Angst auslösen, damit sich in der Mitgliedschaft kein „Widerstand“
formieren kann, der dazu führen könnte, dass die Genossenschaft letztlich
doch eigenständig bleibt. … Wir machen einzig von unseren Rechten als Mitglieder Gebrauch. …. Inzwischen haben wir den Eindruck, dass es eigentlich nicht um das Wohl unserer Genossenschaft geht, sondern um die Interessen Dritter, in diesem Fall wohl die Verbände. … Mit dem Vollzug einer Verschmelzung, wird unsere ursprüngliche
Mitgliedschaft zur Genossenschaft A derart gravierend verändert, dass es
angemessen wäre, wenn dazu alle Mitglieder besonders informiert und das
Votum aller Mitglieder eingeholt würde. Nur dann wäre es z.B. möglich,
dass die Mitglieder den von ihnen gewählten Vertretern Hinweise und Aufträge
erteilen könnten. Bei der damaligen Wahl der Vertreter wurde den Mitgliedern
nicht mitgeteilt, dass innerhalb der Wahlperiode diese Vertreter befugt sein
könnten, sogar über eine Verschmelzung unserer Genossenschaften mit
weitreichenden Folgen zu entscheiden. Es ist zu bezweifeln, dass die
Zusammensetzung der Vertreter in der jetzigen Form überhaupt zustande
gekommen wäre, wenn damals bekannt gewesen wäre, dass innerhalb der
Wahlperiode quasi „Auflösungsentscheidungen“ bezüglich unserer
Genossenschaft zu treffen wären. … Es kann nicht hingenommen werden, dass z.B. bei solchen Entscheidungen
einer Aktiengesellschaft, alle Aktionäre an der Entscheidungsfindung und
Willensbildung teilnehmen können, während man in einer Genossenschaft fast
alle Mitglieder ausschließt und die Entscheidungen von wenigen „Vertretern“
getroffen werden. … Wir sehen insbesondere folgende Probleme, bei denen massiv in unsere
Grundrechte (z.B. Eigentum, Vereinigungsfreiheit) eingegriffen wird: ·
Ohne Mitwirkungsmöglichkeit der Mitglieder wird
ihre Genossenschaft sozusagen aufgelöst. Daraus entstehen zahlreiche
Nachteile, auf deren Vermeidung die Mitglieder jedoch kein Recht haben,
einzuwirken. ·
Man kann durchaus sagen: Das Grundrecht jedes
Mitglieds auf Vereinigungsfreiheit wird durch eine Verschmelzung
ausgehöhlt. ·
Außerdem erfolgt ein enteignungsgleicher
Eingriff, denn für den Fall einer Auflösung unserer Genossenschaft (z.B.
Liquidation) wären die Mitglieder durchaus am aufgebauten Gesamtvermögen
beteiligt. Außerdem gibt es genügend Möglichkeiten, andere Formen zu wählen, um
ggf. unsere Genossenschaft zu stärken. Diese wurden jedoch überhaupt nicht
zur Wahl gestellt. Es wird zwar behauptet, ist aber nicht bewiesen, dass eine
Verschmelzung der beste und einzige Weg ist, um dauerhaft unsere
Genossenschaft zu sichern. … Wir haben den Eindruck, dass die Verschmelzung gezielt von außen
„gesteuert“ wird und es nicht um die „Sorge“ um unsere Genossenschaft
und/oder die Mitgliederinteressen geht, sondern um Interessen Dritter. Wir erkennen immer mehr, dass „Verbandsinteressen“ vorrangig und
Mitgliederinteressen nachrangig Bedeutung haben. … So kann die grundgesetzlich geschützte Vereinigungsfreiheit
einfach nicht gemeint sein! Wie wäre dazu Ihre Meinung? Hinweis: (Der Geamttext wird in der Zeitschrift ZfuGK veröffentlicht) |
Redaktion: Fachgruppe Genossenschaftskommentar
im SmartCoop ForschungsInstitut (SCFI) dem ThinkTank des MMWCoopGo
Bundesverband der Cooperations- u. Genossenschaftswirtschaft e.V. (i.V.m.
Experten aus Theorie und Praxis) www.bundesverband-mmw.de
gks@menschen-machen-wirtschaft.de |
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